sich nicht weiter erwähnenswert, wäre da nicht noch der von einem Chauffeur gesteu- erte Maserati Levante, der seit geraumer Zeit vor der Türe steht und ganz offensicht- lich auf einen wichtigen Gast wartet.
Die Nachbarn scheint das nicht weiter zu beunruhigen. Sie haben sich längst daran ge- wöhnt, dass hier Kamerateams auffahren, sich renommierte Regisseure die Klinke in die Hand geben und der eine oder andere Promi vorbeischaut. Sie alle kennen Erni Mangold zum Teil bereits seit mehr als 30 Jahren und somit seit der Zeit, in der es die Schauspiellegende hierher verschlagen hat. Sie, die Erni, ist längst eine von ihnen, eine, die man akzeptiert, und das dauert im Waldviertel stets deutlich länger als an- derswo in diesem Land. Nicht einmal der Umstand, dass die Erni, die immer noch rund 25.000 Kilometer pro Jahr abspult, oft viel zu schnell mit ihrem Benz unterwegs ist, regt hier jemand auf, nur der Briefträger weiß, wie oft sie dafür zwischen Wien und Gars schon zur Kasse gebeten wurde. Zwei Strafzettel waren es allein in der letz- ten Woche.
Darüber, dass sie an ihrem 90. Geburtstag in den Genuss kommt, die bekannte Stre- cke zu den Kammerspielen in einem neuen Maserati chauffiert zu werden, beklagt sie sich dennoch nicht, auch wenn sie sonst lieber selbst am Steuer sitzt. Ablehnend re- agiert sie nur auf den Gurt, den sie in ihrem Alter für überflüssig hält – ganz im Ge- gensatz zum regelmäßigen Besuch im Fitnesscenter, um auch lange Bühnenabende souverän zu stemmen. Für sie als bekennender Formel-1-Fan – hier hält sie Sebastian Vettel die Daumen – ließe sich die gut 100 Kilometer lange Strecke in einer halben
och droben im Waldviertel, nur wenige Kilometer von Gars am Kamp ent- fernt, steht eingebettet in eine kleine Siedlung ein blaues Häuschen. Im Car- port vor der Türe parkt eine frisch gewaschene Mercedes-Benz A-Klasse. An
Stunde absolvieren, zumindest in einem Maserati. Den Wunsch des Chauffeurs, sei- nen FĂĽhrerschein behalten zu wollen, akzeptiert sie letztlich widerwillig aber doch.
Gut eine Stunde später rollt der silberne Maserati-SUV vor den Kammerspielen in der Rotenturmstraße vor. Zahlreiche Fans sind bereits da und empfangen sie, wie es der großen alten Dame würdig erscheint, mit unheimlich viel Liebe und Begeisterung. Eine weitere Stunde später ist es dann so weit. Das Geburtstagskind betritt erstmals an diesem Abend die Bühne der Kammerspiele. Die Rolle der Maude in dem Klassiker Harold und Maude (alle Vorstellungen sind längst ausverkauft) scheint ihr dabei nicht nur auf den Leib geschrieben, sie ist es auch.
Dass Erni Mangold all die Anstrengungen, die ein neues Stück nicht nur für eine 90- Jährige so mit sich bringt, längst vergessen hat, zeigen ihre starke Ausdruckskraft und das Lächeln, das an diesem Abend noch intensiver wirkt als sonst. Gut 90 Minu- ten steht sie diesmal auf den Brettern, die für sie die Welt bedeuten. Dass es die letzte Premiere ist, die sie feiert, hat sie längst entschieden, nicht nur weil es anstrengend ist.
Mit Standing Ovations dankt ihr das Publikum an diesem Abend. Vor der BĂĽhne und vor der TĂĽre dann gleich noch einmal. Da drĂĽckt dann sogar die Wiener Polizei ein Auge zu und sieht von einer Strafe fĂĽr den vor dem BĂĽhneneingang platzierten Mase- rati groĂźzĂĽgig ab. Begleitet vom kompletten Ensemble beginnt nach 22 Uhr im Hotel
Regina die Premierenfeier. Die Geburtstagstorte wird eine Stunde später gereicht und so ist es vermutlich die späteste Geburtstagsfeier, die in diesem Land je für eine 90- Jährige gefeiert wurde. Hunderte Gratulanten später und damit eigentlich erst am Tag nach ihrem echten Geburtstag gelingt es dann doch noch, die wunderschöne Torte an- zuschneiden. Solange sie kann, macht sie, was sie will, das hat Erni Mangold auch an ihrem 90er eindrucksvoll bewiesen. Wir gratulieren herzlichst.